Traumasensitives Yoga und Yogatherapie: Ein sicherer Weg für Kinder und Jugendliche – besonders bei seelischer Belastung und Krebserkrankung

Anna Stechert

Viele Kinder wirken auf den ersten Blick unbeschwert. Doch in ihrer kleinen Welt geschehen manchmal Dinge, die zu groß, zu schnell oder zu belastend sind: emotionale Krisen, Trennungen, soziale Ängste, Krankheiten – oder sogar eine Krebsdiagnose. In solchen Momenten brauchen sie nicht nur medizinische Versorgung oder Gespräche, sondern auch einen geschützten Ort, an dem sie auf andere Weise Heilung erfahren dürfen.

Traumasensitives Yoga kann genau das bieten: einen Raum, in dem der Körper wieder zum Freund wird, Gefühle Platz haben – und das Kind ganz behutsam in seine Kraft zurückfindet.

Was ist traumasensitives Yoga?

Traumasensitives Yoga ist eine besonders achtsame und körperorientierte Form der Yogatherapie, die auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit belastenden Erfahrungen oder Traumata abgestimmt ist. Der Fokus liegt auf Sicherheit, Stabilisierung und Selbstwahrnehmung – und darauf, dem Kind wieder einen positiven Zugang zum eigenen Körper zu ermöglichen.

Gerade für Kinder, die seelisch stark belastet sind oder mit einer Erkrankung wie Krebs kämpfen, ist diese Form der Begleitung besonders hilfreich. In meiner Arbeit als Yogatherapeutin verbinde ich Elemente aus der Körperarbeit, Achtsamkeitspraxis und modernen Ansätzen der Traumatherapie, um Kinder individuell zu unterstützen.

Warum Kinder so gut darauf ansprechen

Kinder verarbeiten schwierige Erlebnisse nicht primär über Sprache – sondern über den Körper. Wenn das Nervensystem durch Stress oder Trauma überfordert ist, entstehen oft Symptome wie:

* Schlafstörungen

* Unruhe oder Rückzug

* Wutausbrüche oder Ängste

* Konzentrationsprobleme

* körperliche Beschwerden ohne medizinischen Befund

Traumasensitives Yoga bietet eine wertvolle Möglichkeit, das Nervensystem zu beruhigen, innere Stabilität aufzubauen und Selbstregulation zu fördern – ganz ohne Worte. Kinder erleben wieder:

🧡 Ich bin sicher.

🧡 Ich darf fühlen.

🧡 Ich kann etwas bewirken.

Yogatherapie bei Krebserkrankung: ein besonderer Fokus

Kinder mit Krebserkrankungen stehen oft vor einer doppelten Herausforderung: körperliche Belastung durch Therapien und psychische Belastung durch Angst, Schmerz, Isolation oder Kontrollverlust.

Yogatherapie kann in allen Phasen der Erkrankung – ob während der Behandlung oder in der Nachsorge – hilfreich sein. Ziel ist es, die Kinder sanft zu begleiten, ihnen innere Ressourcen zugänglich zu machen und sie auf körperlicher und emotionaler Ebene zu stärken.

👉 Studien zeigen, dass Yoga bei krebskranken Kindern Angst und Schmerz reduzieren, das emotionale Wohlbefinden steigern und die Schlafqualität verbessern kann (Moody et al., 2018; Thygeson et al., 2010).

Wie läuft eine traumasensitive Yogastunde ab?

Traumasensitives Yoga ist keine „klassische“ Yogastunde. Es gibt keine strengen Ansagen, keine Korrekturen, keinen Leistungsdruck. Stattdessen erwartet das Kind:

* sanfte Bewegungen, angepasst an die jeweilige körperliche Verfassung

* einfache Atemübungen zur Beruhigung des Nervensystems

* klare, wiederkehrende Strukturen, die Orientierung geben

* Momente der Ruhe, Fantasie und spielerischen Achtsamkeit

* viel Raum für Selbstbestimmung und kindgerechte Gestaltung

In der Yogatherapie arbeite ich auf Wunsch auch im Einzelsetting – besonders bei sensiblen Kindern oder in medizinisch belastenden Situationen. Dabei steht immer das Kind im Mittelpunkt – mit dem, was es gerade braucht.

Was Kinder durch Yoga lernen

Viele Eltern berichten nach wenigen Wochen, dass ihr Kind:

* ruhiger schläft

* besser mit Stress oder Emotionen umgeht

* sich selbstbewusster und ausgeglichener fühlt

* wieder mehr Lebensfreude zeigt

* neue Beweglichkeit und Körperfreude entdeckt

Diese positiven Effekte entstehen nicht durch „Techniken“, sondern durch den sicheren, achtsamen Raum, den traumasensitives Yoga schafft – begleitet von einer erfahrenen Yogatherapeutin, die das Kind individuell sieht.

Wenn Kinder nicht still sitzen wollen – kein Problem

Viele Eltern fragen sich: „Mein Kind ist so unruhig – kann es überhaupt Yoga machen?“ Die Antwort ist: Gerade dann!

Denn traumasensitives Yoga ist lebendig, kreativ und kindgerecht. Kein Kind muss meditieren oder stillsitzen. Es darf sich bewegen, lauschen, ausprobieren – ohne Zwang, mit Freude und Neugier.

Traumasensitives Yoga ist ein starker Weg

Diese Form der Yogatherapie ist kein Ersatz für medizinische oder psychotherapeutische Begleitung – aber eine kraftvolle Ergänzung. Sie wirkt dort, wo Worte fehlen. Dort, wo das Nervensystem Halt braucht. Und dort, wo das Kind spüren darf:

„Ich bin sicher. Ich darf sein. Ich bin stark.“

Ob nach belastenden Erfahrungen oder im Umgang mit einer Krankheit wie Krebs: Traumasensitives Yoga kann Kindern helfen, ihre innere Stabilität zurückzugewinnen – und den Mut, sich selbst wieder zu vertrauen.

Fazit: Achtsame Körperarbeit als Teil der Traumatherapie

In meiner Arbeit als Yogatherapeutin mit Spezialisierung auf traumasensitives Yoga und Traumatherapie erlebe ich immer wieder, wie tief diese Form der Begleitung wirkt – nicht durch Worte, sondern durch liebevolle Präsenz, Körperarbeit und das Erleben von Selbstwirksamkeit.

In schwierigen Zeiten kann Yoga für Kinder ein rettender Anker sein – und nachhaltig.

📚 Studien & Quellen:

* Moody, K. et al. (2018). *Yoga for children with cancer: A pilot study*. Journal of Pediatric Oncology Nursing.

* Thygeson, M. et al. (2010). *Peaceful Play Yoga: Serenity and resilience for children with cancer*.

* van der Kolk, B. (2015). *The Body Keeps the Score*.

* Khalsa, S.B.S. et al. (2016). *Yoga in mental health and trauma recovery in youth*. Harvard Medical School.


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